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Heldin des Alltags: Stefanie Moser

Aktualisiert: 15. Apr. 2021

[ Heldinnen-Porträt Februar 2021 ]

[ Trans4M I Interview am 17.12.2020 ]



Heldinnen-Affirmation:


Neugierig bleiben und ausprobieren!

Trau dich, Dinge einfach auszuprobieren und währenddessen herauszufinden, was für dich stimmig ist – und was nicht. Ausprobieren, hinfallen, wieder aufstehen, weiter probieren ... und im Sinne eines «Growth Mindsets» daran wachsen und sich weiterentwickeln.


 

Das erste Mal durfte ich Stefanie 2017 an einer von ihr organisierten Veranstaltung – dem LunchLab zum Thema «Mobil-flexibles Arbeiten» – kennenlernen. Im Zusammenhang mit der Organisation der Business-as-unusual-Konferenz tomorrow @work hatte ich sie als Inputgeberin angefragt und für einen Austausch getroffen. Ihre Rückmeldung war transparent und einleuchtend: «Wenn ich mich im Bereich Arbeitswelten auf einer Skala von eins (streng hierarchisch geführt) bis zehn (New Work Pioniere) einschätzen sollte, dann sehe ich mich im Mittelfeld. tomorrow @work würde ich eher als acht-aufwärts bezeichnen, daher sehe ich von einer Teilnahme ab.» Mich hat diese Aussage noch über tomorrow @work hinaus begleitet. Es hat mich beeindruckt, wie klar Stefanie für sich hatte, wo sie steht und wo sie sich gleichzeitig auch nicht sieht.


Liebe Stefanie, bevor wir darüber sprechen, was du machst, möchte ich dich bitten, ein paar Worte darüber zu verlieren, wer du bist, was dich ausmacht. Wie würdest du dich als Person beschreiben?

Ich bin von Natur aus sehr neugierig und lernfreudig, bin begeisterungsfähig und sprühe vor Ideen. Dem Ideendrang folgend komme ich schnell ins Handeln und probiere Sachen aus – baue aber auch gerne auf bestehendem Wissen auf und kann Ideen problemlos loslassen und weiterziehen lassen. Bei meinen Tätigkeiten orientiere ich mich in der Regel am «Freude-Prinzip»; das heisst ich versuche möglichst wenig zu «müssen» und möglichst viel aus Freude heraus machen zu «wollen». Manchmal spielt mir dabei meine kritische Stimme im Kopf entgegen und verlangt nach «mehr Produktivität». Diesbezüglich eine stimmige Balance zu finden ist nicht immer einfach. Dann hilft es mir, mich auf meinen Leitsatz zu besinnen ... denn ich bin überzeugt, dass Menschen, die ihre Aufgabe mit Freude machen, ungeahnte Kräfte freisetzen können.

Du hast von einem Leitsatz gesprochen – wie lautet dieser?

«Ich wünsche mir mehr Menschen, die mit Freude arbeiten und mehr Organisationen, die den Rahmen dafür bieten.» Daher orientiere ich mich nicht nur bei meinen eigenen Tätigkeiten am «Freude-Prinzip», sondern möchte diesen Gedanken auch in Unternehmen und Organisationen tragen und freudvolleres Arbeiten ermöglichen.


Womit wir bei deinem vielseitigen Tätigkeitsspektrum sind. Du begleitest Menschen und Organisationen hin zu mehr Freude beim Arbeiten im Rahmen deines Consultingunternehmens Trans4m, bietest beim Zukunftsbureau Solothurn eine Anlaufstelle für Menschen, die sich mit Zukunftsfragen beschäftigen, setzt dich für Vernetzung und Austausch bei der Initiative Working-Out-Loud Schweiz ein und organisierst und veranstaltest regelmässig so genannte LunchLabs, um andere zu inspirieren und sich mit der Frage zu beschäftigen «Wie arbeiten wir morgen?».

Ein bunter Strauss an Aktivitäten – wenn du bei all dem jetzt einen gemeinsamen Nenner definieren solltest, was wäre das für dich?

Der zugrunde liegende Treiber ist bei all diesen Tätigkeiten derselbe; nämlich das, was ich im obigen Leitsatz als Art Mission für mich definiert habe. Dabei geht es mir nicht darum, mit den Unternehmen und Organisationen jeweils eine Zehner-Punktlandung zu erreichen – um bei der anfangs erwähnten Metapher der «1-10- Skala» zu bleiben. Für mich zählt jeder Schritt in Richtung freudvolleres Arbeiten. Mir ist es vielmehr wichtig, eine Auseinandersetzung anzustossen zur Frage, wie wir zusammenarbeiten wollen (heute wie morgen), ohne festgelegte Antworten darauf zu geben. Oft sind es der Austausch zu dieser Thematik und die kleinen Schritte, die weiterbringen und einen Entwicklungsprozess anstossen.


Nachdem ich selbst gerade meine erste Working-Out-Loud (WOL) Erfahrung erleben darf, greife ich dieses Thema jetzt mal aus deinem Potfleuri heraus. WOL ist eine Methode, mit der man sich ein Netzwerk von wertvollen Beziehungen aufbaut, um ein selbstbestimmtes Ziel zu erreichen. Also eine Art Selbstlernprogramm, bei dem man sich während 12 Wochen zusammen mit 3-4 anderen Personen (WOL-Circle) für eine Stunde wöchentlich trifft und austauscht.


Du bist zusammen mit Monika Schlatter und Katja Seibert die treibende Kraft hinter der WOL-Schweiz-Bewegung. Es würde mich interessieren, wie das Thema WOL den Weg zu dir gefunden hat und was dich daran persönlich fasziniert?

Zum ersten Mal auf WOL aufmerksam geworden bin ich durch einen Beitrag bei LinkedIn. Nachdem ich im Zusammenhang mit meinen Tätigkeiten bei Trans4m immer wieder konfrontiert wurde mit der Aussage «Würde ja gern, kann aber nicht», hat mich der Ansatz von WOL neugierig gemacht. Ich wollte wissen, wie Menschen motiviert und inspiriert werden können, selbstorganisiert zu lernen und selbstgesetzte Ziele systematisch und mittels Vernetzung mit anderen anzugehen. Handlungsorientiert wie ich bin, habe ich kurzerhand ein paar Leute aus meinem eigenen Umfeld zusammengetrommelt, um einen eigenen WOL-Circle zu initiieren und selbst Erfahrungen damit zu sammeln.

[ Ausprobieren und eigene Meinung bilden. ]

Meiner Erfahrung nach gibt es bei WOL die Enthusiasten, die mit diesem Tool lebensverändernde Erfahrungen machen und nüchternere Stimmen, die es schlicht und einfach als passende und hilfreiche Methodik erleben. Wie auch anderenorts bewege ich mich zwischen diesen beiden Polen und hatte keine ausschlaggebenden «Erleuchtungsmomente». Ich betrachte WOL aber als sehr sinnvolles Tool für soziales Lernen sowie als nützliche Methode, um Wissen in Unternehmen sichtbar zu machen und zu teilen, intrinsische Motivation und Zusammenhalt zu stärken sowie Prozesse zu unterstützen. Um sich ein eigenes Bild zu verschaffen, macht es Sinn, WOL einfach einmal auszuprobieren. Wer dabei über Übungen «stolpert», darf sich die Freiheit nehmen, einen eigenen Weg zu suchen. Wichtig ist die Reflexion im Circle, was Übungen auslösen, ein Zulassen von anderen Perspektiven und auch einmal der Schubs, etwas ausserhalb der Komfortzone konkret zu tun. Damit wären wir wieder beim Experimentieren.


Auch wenn du, wie du sagst, keine «Erleuchtungsmomente» erfahren hast. Gibt es im Zusammenhang mit WOL etwas, das dir besonders hängen geblieben ist? Ein Erlebnis, eine Übung, ein WOL-Circle, eine Begegnung, eine Erfahrung, welche dich besonders geprägt hat oder prägt?

Selbst wenn ich quasi ein «WOL-Oldie» bin, begeistert mich die Übung «50 Fakten über mich selbst» aus Woche fünf des WOL-Zyklus nach wie vor besonders (Anm.: Aufgabe ist es 50 Fakten über sich selbst auf einer Liste zusammen zu schreiben). Zum einen fasziniert mich, was bei dieser Auflistung für einen persönlich alles zusammenkommt. Zum anderen bin ich jedes Mal wieder überrascht, wenn ich die Faktenliste von anderen zu lesen bekomme ... wie reich doch jede*r Einzelne ist, wie viele Fähigkeiten, Erfahrungen und Interessen da zusammenspielen und wie unglaublich vielseitig jeder Mensch ist. Meist erleben wir die anderen nur in einem bestimmten Kontext und nehmen die vielen Facetten, die diese Persönlichkeit prägen, gar nicht wahr.

[ Wildfremde Menschen sind auf einmal vertraut. ]

Im Sommer 2020 durfte ich ausserdem eine schöne Begegnung mit meinem damaligen WOL-Circle erleben. Als vier einander fremde Personen hatten wir zu einem WOL-Circle zusammengefunden und uns zum Abschluss in Solothurn zu einem physischen Austausch getroffen. Das war ein so toller Abend und wir waren uns sehr vertraut, obwohl wir uns vor dem Circle nicht kannten. Dass so etwas möglich ist und man sich auf einmal mit vorher wildfremden Menschen verbunden fühlt, finde ich faszinierend. Logischerweise ist WOL keine «Eierlegende Wollmilchsau», ich erlebe es aber sehr bereichernd und sehe viel Potential für Organisationen, WOL konkret als Befähigungsprogramm einzusetzen, um Skills wie «Lernen», «Vernetzen», «Wissen teilen» und «Kollaboration» gezielt zu trainieren.


Dann ist die Veranstaltungsreihe LunchLab, die du in Zusammenhang mit dem Coworking Uferbau in Solothurn organisiert, vermutlich auch aus solch einem WOL-Circle entstanden?

Würde an sich passen, das stimmt. Die Idee vom LunchLab wurde jedoch schon viel früher geboren. Genau genommen, ist sie aus einer Krise entstanden. Nachdem ich mit Trans4m gestartet bin, konnte ich die ersten zwei Jahre durch bestehende Kontakte aus dem Vollen schöpfen. Dann jedoch ging ein grösseres Mandat zu Ende. Nachdem ich mein Kontakt-Netzwerk nicht wirklich gepflegt hatte, tat sich auf einmal eine (Auftrags-)Leere vor mir auf, die mich sprichwörtlich in den Keller geschickt hat.

[ Das war mein persönlicher Keller-Moment. ]

Auftragsmässig war ich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich im Keller angekommen und auch im richtigen Leben gab es einen Augenblick, in dem ich im (physischen) Keller stand und mich gefragt habe, wie es jetzt beruflich weitergehen soll und wie ich aus diesem Kellerloch wieder herauskomme. Die Leiter, die mir hinaus geholfen hat, war: Ins Handeln kommen, Kontakte knüpfen und kollaborativ mit anderen etwas auf die Beine stellen. Zu der Zeit war der Coworking Uferbau gerade im Aufbau und wie es der Zufall so will, kannte ich den Initiator und bin ihm regelmässig beim Einkaufen über den Weg gelaufen. Eines Tages habe ich ihn angesprochen und ihm von der Idee des LunchLabs erzählt. So haben wir gemeinsam dieses Projekt verwirklicht und weiterentwickelt. Das hat mir gezeigt, wie kraftvoll kollaboratives Arbeiten sein kann. WOL kam erst später, aber vermutlich ist diese Methode auch deshalb auf Resonanz bei mir gestossen, weil sie die Kraft der Vernetzung und des Austauschs in den Vordergrund stellt.


Dass kollaboratives Zusammenspannen unglaubliches Potential in sich tragen kann, kann ich nur bestätigen. Mal ganz abgesehen davon, dass es auch mehr Freude macht, gemeinsam mit anderen Ideen und Projekte zu realisieren als allein unterwegs zu sein. Gleichermassen hat mich beeindruckt, wie klar du für dich hast, wo du stehst, was du willst und wo du dich nicht siehst. Gerade die Tatsache Nein zu sagen, wenn sich Projekte nicht stimmig anfühlen, erachte ich als grosse innere Stärke und als essenziellen Faktor, um authentisch zu sein. Wie erlebst du das und was hilft dir, für dich stimmige Entscheidungen zu treffen?

Ich könnte nicht behaupten, dass ich von Anfang an immer gerade klar sehe, ob etwas stimmig ist oder nicht. Letztlich ist das ein Prozess, der sich zusammensetzt aus rationalem Vorgehen, indem ich mich beispielsweise frage: «Was spricht dafür, was dagegen? Reizt es mich oder nicht?». Das passiert häufig im Kopf bei mir. Manchmal hilft es mir aber auch die Für und Wider aufzuschreiben, um mehr Klarheit zu gewinnen. Andererseits lasse ich auch mein Bauchgefühl mit einfliessen und schaue, wie es sich anfühlt, wenn ich mich dafür oder dagegen entscheide. Wichtig finde ich dabei vor allem zu hinterfragen, warum mich Dinge reizen oder nicht, und mir die zugrunde liegenden Treiber bewusst zu machen. Auf diesem Weg bringe ich nämlich auch zunächst unbewusste Komponenten mit ins Spiel. Gerade, wenn ich merke, dass ich etwas ablehnend gegenüberstehe frage ich mich, warum das so ist und ob vielleicht gewisse «Triggerpunkte» angesprochen werden, durch welche die Entscheidungsfindung unbewusst beeinflusst wird.